Die neuen Spiesser?

Waren die Pharisäer Spiesser? Ich habe eine Abneigung gegen Spiesser.

[…]eine Person, die sich durch geistige Unbeweglichkeit, ausgeprägte Konformität mit gesellschaftlichen Normen, Abneigung gegen Veränderungen der gewohnten Lebensumgebung und Zurückweisung von allem Fremden auszeichnet.

– Sagt jedenfalls die Wikipedia. Naja, ein bisschen Spiesser bin ich auch, vielleicht mehr als ich nicht hoffe. Das Problem ist, wenn wir als Christen spiessig werden, denn dann werden wir zu Pharisäern. Jesus war kein Spiesser. Sein Leben war vom Handeln im Kontext seines Alltags geprägt. Im Vergleich zum Handeln der Pharisäer, deren Leben durch teilweise stupide Regeln bestimmt wurde.

Wir sollten ab und zu immer wieder in unseren Lebensspiegel schauen und unser Denken und Handeln kritisch hinterfragen und mit Gottes Sicht erneuern lassen. Doch es scheint viel einfacher für alles eine Regel zu definieren und nicht weiter nachzudenken. Die deutschen lieben ja die eklatante Überregulierung. Man regelt sicherheitshalber alles im Voraus, um eventuellen Schwierigkeiten vorzubeugen. Aber besser wir Sprechen das Thema der deutschen Überregulierung nicht an, sonst wird der afrikanische Teil in mir wirklich zornig ;-).

Als Christen sind wir doch zur Freiheit berufen? (vgl. Gal. 5,13) Ich mag die Zeilen die Storch gestern zu Römer 12,2* geschrieben hat:

[…] “die meisten Christen hören irgendwann auf, ihr Denken zu erneuern!” […] Ich hoffe und bete, dass die Leser der “Schönheit des Komplexen” sich genügend geistlichen Hunger erhalten haben um nicht aufzuhören ihr Denken mit Gottes Wort zu erneuern. […]Wir dürfen einfach nicht aufhören weiterzugehen, denn Stillstand ist immer Rückschritt. Von da aus wo Du jetzt bist, gibt es noch so viel zu entdecken und zu erleben. (alles beim Storch lesen)

Stillstand und Rückschritt zeichnet sich für mich auch durch den Versuch aus, unseren Glauben durch Regeln und Richtlinien zu perfektionieren. Es mag teilweise ganz hilfreich sein, dies für sich selbst zu tun, schliesslich erkennen wir Fehler und wollen unser Leben neu ausrichten. Diese Selbstregulierung dann aber einfach in Form einer Lebensregel auf andere zu übertragen halte ich für fatal. Wie soll man lernen seinen Glauben aus der Beziehung zu Gott zu leben? Sie (die Beziehung) wird ja gar nicht benötigt, wenn alles Verhalten detailliert vorgeschrieben ist. Und weshalb spricht Paulus ständig davon, daß wir auf unsere Glaubensbrüder (und Schwestern) achten sollten und sie ermutigen und fördern (Ermahnung)? Er hätte doch am besten einen Regelkatalog geschrieben, dann wäre alles einfacher? Ich möchte aus der Beziehung zu Gott und anderen Christen heraus lernen und an der Verantwortung wachsen, statt in Reglementierungen zu verdorren. Mein Glaube reift nur, indem ich selbst (durch Gottes Wort & Geist) erkenne und lebe, und nicht indem ich mich vorbehaltlos „christlichen Gesellschaftsnormen“ unterwerfe. Soweit zu dem was mir heute im Kopf rumging…

PS: Anleitungen zum Spiessertum hab ich auch bei der Zeit gefunden und ich will ich den Link nicht vorenthalten. 😉


*…wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist. (Römer 12,2)

Über Cedric Weber

Ich schreibe seit Mai 2003 zu Themen rund um das Web2.0, Enterprise2.0, Social Software, Wikis, Weblogs, online Kollaboration, Instant Messaging, sowie Linux / Ubuntu und Apple. Dazwischen findest du Themen aus meinem Alltag - über Glaube und Spiritualität, Fotografie, Musik und vieles andere.

8 Gedanken zu „Die neuen Spiesser?

  1. Vollkommen? Ich schätze wir werden in diesem Leben, nie den Zustand Vollkommen erreichen (ausgenommen bestimmte, chemische, physische o.ä. Zustände evtl. was nachzuweisen wäre) Vollkommen ist 100%. Voll und Ganz. Durch und Durch. Perfekt. Liebe hat sicherlich das potential vollkommen zu sein, (among others) mangelt doch aber immer wieder an der eigenen Menschlichkeit. Und darin liegt ja die Herausforderung – dem nachzustreben, sich daran zu orientieren. Es zu prüfen und dann nach dem prüfen zu erkennen (siehe quote oben). Eine Prüfung meines Lebens ergab folgendes: Ich kann Vollkommenheit nicht selbst erreichen. Ich „erkannte“: Gott allein kennt vollkommene Zustände. In fact, Beziehung zu Gott beruht auf Vollkommenheit. Oder auch: Ohne Fehler. 100%.
    Und er macht Vollkommenheit möglich, auch in mir. Er ermöglicht Beziehung zu ihn. Das nennt man dann Gnade. Und, es ist Vollkommenheit die nicht auf mir beruht, oder was ich bin und tue, damit ich nicht damit protzen kann. Es beruht auf Seiner Vollkommenheit! Seine Vollkommenheit wird mir zugeschrieben – durch Glauben an Christus, der meine Un-Vollkommenheit ersetzt durch Gottes Vollkommenheit – damit er den Applaus dafür kriegt.
    Siehe auch: Römer 3:23-25 (Bible)

  2. Ja. Religiöser Druck von innen aber auch von außen. Regeln. Ist das „die dunkle Seite der Macht“ oder auch „der Teufel“ in uns und um uns herum gegen den wir mit den Waffen des Lichts zu kämpfen haben? … kämpfen müssen? … kämpfen dürfen. Ich habe gestern lange darüber nachgedacht wie man richtig „feiert“, wie man Jesus richtig feiert und ob ich das überhaupt kann und mich gefragt, ob ich es in ausreichendem Maß tue. Und dann stellte ich mir die Frage: Was ist, wenn ich es nicht kann „das Feiern“? Werde ich es je lernen? Was passiert, wenn ich es nicht lerne? Ist dann alles verloren? Und wieder ist da religiöser Druck. Nein. Beruhigend. Dann: Vielleicht feiere ich Jesus auf meine Weise. Vielleicht feiere ich ihn so auch ausreichend, wenn man das überhaupt könnte, ihn „ausreichend“ feiern. Sicher nicht. Erneuerung. Wachstum. Ist freie Entscheidung ohne jeglichen manipulierenden Einfluss. Gott lässt mit seinem Jesus-Weg dem Menschen die Freiheit und die persönliche menschliche Würde. So kann Veränderung geschehen – in Freiheit – ohne Manipulation. Höre z.Zt. S. Harfst: „Anders als du denkst“ rauf und runter. Das isser. Der Jesus. Das isse. Die Freiheit. Die Würde. Die Veränderung.

    1. Oh, wie ich sie liebe, anonyme, fromme Kommentare mit Namen wie „Veränderung“, „echtes Leben“, „Liebe“, „Vergebung“ und so. Und dazu noch eine passende E-Mailadresse, manchmal sogar eine Domain (die fehlt hier leider). Eigentlich definiere ich das als Spam, unpersönlich, feige. Aber dann könnte ich nicht darauf antworten… 😉

      1. Hallo. Mein Name ist Veränderung. Entschuldigung. An sich ist man im Netz doch eh anonym, auch wenn man seinen Namen angibt und die Adresse bekannt ist. Es sind Buchstaben in Zeilen, kein Mensch. Hab meine ehemalige Mailadresse nun hier angegeben, aber ich kann auf diese Weise nicht mehr kommunizieren, da ich keine Mailadresse mehr habe, weil es da ein paar komische Effekte gab. War also kein Angriff oder etwas Ähnliches auf den Blogger. Es waren meine gestrigen ehrlichen Gedanken zum Thema. Ermahnung geht nur auf Augenhöhe, von Mensch zu Mensch. Von Rechner zu Rechner funktioniert es nicht. Es ist noch schwieriger für den Helfenden seine eigenen Fehlprägungen nicht in den Hilfesuchenden hineinzuprojez., weil da nur ein Bildschirm ist und Geschriebenes und eben kein Mensch (auf Augenhöhe). Jedenfalls bekommt man im Netz keine Reparatursets für Seelen und Ehen und kein Motoröl damit der Motor wieder rund läuft oder überhaupt anspringt. Das steht man fest. Man bekommt das gesagt was man selbst schon hin-und her beleuchtet hat. Ich lieg seit Monaten auf der Nase und hab darauf gehofft im Netz Hilfe zu finden, was ideotisch war. Fazit: Das Netz hilft nur mit Standards die man selbst oft schon kennt, die viele Jahre geholfen haben, wenn man Bibel gelesen hat, liest. Standards sind manchmal hilfreich, ohne Frage. Alles andere funzt nicht im Web.

        1. Hallo Katrin, du kannst dir sicher sein, ich bin ein Mensch ;-). Ja, im Netz ist man erst einmal anonym, das ist richtig. Ich merke aber, dass diese Anonymität nicht bleiben muss. Die Chance auf eine reale Begegnung und Augenhöhe steigt über die Zeit stark an, wenn man sich nicht nur hinter einem nichts sagenden Alias versteckt, sondern sich als Person outet. Ich habe schon viele liebe Menschen kennengelernt, nachdem ich sie lange nur online gelesen habe. Viele davon sind nun einfach Bekannte geworden, manche davon echte Freunde.
          Natürlich sollte man nicht bedenkenlos seine Privatsphäre verprassen – das ist klar. Aus meiner Sicht ist das Netz aber eine Art Katalysator der helfen kann, hinter den vielen Post, Kommentaren, Kontakten doch echte Menschen zu finden, mit deren „Chemie“ man selbst gut klarkommt.

          1. Nun ja, meine Erfahrungen sind da in den letzten Monaten eher negativ. Ich bin schon sehr lange im Netz unterwegs, wobei ich bis zum vergangenen Jahr eher nicht kommuniziert, nur gelesen habe. Angefangen hat es mit XMosaic zu Beginn der 90er. Ist nie was Negatives passiert. Jetzt habe ich den Eindruck, dass jemand meine Daten ungefragt verwendet (Mails an Freunde, Daten der Festplatte). Stimmt mich nachdenklich. Genau weiß ich es aber nicht. Andererseits frage ich mich allmählich wie viele Leute ausspioniert werden und davon nichts mitbekommen und auf diese Weise ungeahnt leicht formbare Manipulationsmasse werden.

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